Tipps für Umgang mit bockigen Schülern
Lernen liegt in der Natur des Menschen - schließlich beginnen Kinder ohne äußeren Zwang zu krabbeln, zu laufen und sich mit Lauten zu artikulieren. Doch wie kommt es da, dass junge Menschen ausgerechnet in jener Einrichtung, die sprichwörtlich aufs Leben vorbereitet, den Widerstand gegen das Lernen entdecken, sich durch angeregte Gespräche mit dem Nachbarn vom Unterrichtsinhalt ablenken oder durch das Kippeln mit ihrem Stuhl und Blicke durchs Fenster die Zeit vertreiben? Und vor allem: Wie kann man diese scheinbar schicksalhafte Unlust am Lernen bekämpfen und eine veränderte Haltung bei den Schülern bewirken ?
Durch Drohungen und Strafen genauso wenig wie durch ständige Appelle, stellt Visnja Lauer, Supervisorin und Psychotherapeutin, klar. Probleme mit dem Lernen begegnen der Solingerin im Berufsalltag genauso wie ihrem Sohn Andreas. Der unterrichtet Spanisch und evangelische Religionslehre an einem Düsseldorfer Gymnasium.
Gemeinsam haben sie nun ein Buch veröffentlicht, dass Lehrern Anregungen geben soll, wie sie zermürbende Machtkämpfe mit bockigen Schülern vermeiden und ein stressfreies Klima schaffen können, in dem alle Beteiligten vom Unterricht profitieren. "Positive Lernhaltungen aufbauen" verbindet auf 192 Seiten wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen. "Ursprünglich hatten wir gar kein Buch im Sinn", verrät Andreas Lauer. Vielmehr habe er in seiner Anfangszeit als Lehrer nach einem Mittel gegen Lautstärke und Konzentrationsmängel bei seinen Schützlingen gesucht - und in Gesprächen mit seiner Mutter Strategien entwickelt, die sich jetzt im Buch wiederfinden.
Eine davon verknüpfen wohl die meisten Schüler mit positiven Bildern: "Wir haben das Prinzip Spieler / Trainer ins Schulleben integriert", erklärt der langjährige Fußballer Andreas Lauer. Alle am Unterricht Beteiligten sollten sich als Team verstehen - mit dem Ziel, möglichst gute Lernerfolge zu erreichen. Wer deutliche Anzeichen von Müdigkeit und Unlust zeigt, kommt demnach auf die "Ersatzbank", einen Platz im hinteren Teil des Klassenraumes, an dem er niemanden ablenkt, sich aber weiter am Unterricht beteiligen kann. Dass das keine Strafe sein soll, erklärt der Lehrer anhand des WM-Finals 2014: Schließlich habe Jogi Löw damals einen neuen Impuls gesetzt, indem er den ausgepumpten Miroslav Klose gegen den späteren Siegtorschützen Mario Götze austauschte. Weltmeister geworden sei aber die ganze Mannschaft - auch die Ersatzspieler. Wer auf der "Ersatzbank" hingegen weiter den Unterricht stört, muss, ähnlich wie im Fußball, auf die Tribüne. Das ist ein Ort außerhalb des Klassenraumes. Und der Schüler erhält eine bewusst umfangreiche Arbeitsaufgabe und eine ungenügende Mitarbeitsnote.
Entscheidend sei jedoch stets der Umgang zwischen Lehrer und Schüler, erklärt Visnja Lauer. "Finstere Miene und Befehlston erweisen sich als ebenso kontraproduktiv wie nervenzehrende Diskussionen." Vielmehr solle auch der Weg des renitenten Schülers nach draußen mit dem motivierenden Zusatz verbunden sein: "Nächste Stunde ist eine neue Chance."
Wohlwollen und Fairness gegenüber den Schülern, zugleich aber klare Aufträge statt schwammiger Bitten beinhaltet das Konzept der Autoren - und lässt sich offensichtlich auch auf das Verhältnis Chef/Personal und Eltern/Kinder übertragen. "Nur in einem emotional positiven Modus kann das Gehirn optimal arbeiten", sagt Visnja Lauer - und hebt auch die Bedeutung der Körperhaltung zur "Aktivierung des Gehirns" hervor: "Lümmeln geht nicht." Deshalb ist in Andreas Lauers Klasse "sportliches Sitzen" angesagt.
Dass die Maßnahmen tatsächlich funktionieren, konnte der Gymnasiallehrer über Jahre hinweg beobachten: Die Schüler in der Klasse ermahnen sich inzwischen gegenseitig zur Konzentration, berichtet er: "Und Kollegen haben mich gefragt, wie machst Du das, dass es in Deiner Klasse so ruhig ist ?"
Quelle: RP